Management & Strategien | 05.05.2021

Hochbetrieb auch ohne Touristen

Hoteldirektorin Janet Stache packt auch im neuen Hotelalltag tatkräftig mit an Hoteldirektorin Janet Stache packt auch im neuen Hotelalltag tatkräftig mit an / Foto: Living Hotels

Tür zu, Licht aus, alle gehen nach Hause. Doch so einfach wie es auf den ersten Blick vielleicht klingen mag, ist die stille Zeit für viele Branchen ganz und gar nicht, auch nicht in der Hotellerie. Denn der „Kein Privatreisender darf kommen“-Zustand und das touristische Beherbergungsverbot bedeuten nicht, dass in einem Hotel nichts passiert, ganz im Gegenteil: es geschieht sogar jede Menge.

Wolfgang Skuballa und Janet Stache, zwei Direktoren der Living Hotels in München, gewähren einen Blick durch das Hotel-Schlüsselloch und erklären, wie sich das Leben und die Arbeit im Hotel trotz open house verändert hat, warum man auch bei einem Hotel-Lockdown nicht einfach auf und zu sperren kann, welche Bereiche besonders betreuungsintensiv sind und weshalb man sich in Zeiten wie diesen als Direktor oft wie ein Hausmeister fühlt.

Hotel-Reinigung 24/7 von A bis Z

Auch, wenn die Türen für Geschäftsreisende oder Städtewechsler geöffnet sind, ticken die Hotel-Alltag-Uhren anders, leiser und es ist einfach leerer als sonst. Das heißt aber nicht, dass man die nicht gebuchten Zimmer, Apartments, Wellness- und Lobbybereiche einfach absperren kann. „Die Grundreinigung und Instandhaltung in allen Bereichen der Häuser findet nach wie vor auf täglicher Basis statt“, so Skuballa und Stache. „Hinzu kommt die Umsetzung der Hygienemaßnahmen, die mehr Zeit in Anspruch nimmt, da ja alles penibel desinfiziert wird. Um bei den gestiegenen Arbeitsabläufen dennoch budgetbewusst zu agieren, reinigen wir zum Beispiel momentan auch unsere Vorhänge und die Fenster selbst. Denn, ob fullhouse oder nicht, hier sprechen wir von Kosten, die anfallen und getragen werden müssen, selbst wenn manche Bereiche und Räumlichkeiten über einen gewissen Zeitraum nicht genutzt sind.“

Der Wasserhahn läuft, auch wenn keiner da ist

Laut der Trinkwasserversorgung müssen alle 72 Stunden sämtliche Wasserentnahmestellen (Waschbecken, Dusche, Gäste WC, Küchen und überall dort, wo ein Wasserhahn ist) gespült werden – und zwar in der Taktung drei Minuten kaltes Wasser, drei Minuten warmes Wasser. Wenn also Zimmer und Apartments länger nicht bewohnt sind (oder wie 2020 Lockdown ist), ist ein Mitarbeiter nur dafür zuständig, sämtliche Wasserentnahmestellen im Haus zu bedienen. Für die Direktoren heißt es dann, „dass pro Entnahmestelle zirka sechs bis neun Liter Wasser pro Minute einfach durchlaufen. Dieser Vorgang bedeutet für uns natürlich einen immens hohen Wasserverbrauch. Da blutet einem unter dem Aspekt des Umweltschutzes und unserem sorgsamen Umgang mit Ressourcen im Rahmen unseres Green Globe-Engagements wirklich das Herz, aber das sind nun einmal die Auflagen, an die wir uns genauestens zu halten haben.“

Und auf einmal ist man auch noch der Gärtner

„Viele unserer Häuser haben Balkone, Terrassen oder große, bepflanzte Dachterrassen, um die sich normalerweise ganzjährig Gärtner kümmern. Das machen wir als Team-Projekt jetzt gerade selbst,“ sagt Stache, die gerade selbst mit ihrem Team, den Abteilungsleitern und den sieben Auszubildenden die Terrassen der Maisonetten und zweistöckigen Terrassen-Apartments säubert, das Gestrüpp jätet, die Sträucher schneidet und die bodentiefen Fenster reinigt. „Sich nicht darum zu kümmern, ist ja keine Alternative. Darum heißt es jetzt Ärmel hochkrempeln, einfach machen und in Zeiten wie diesen ist sich bei uns auch keiner für solche Arbeiten zu schade. Denn am Ende geht es darum, das größte Unternehmensziel einhalten zu können, nämlich, dass alle Kollegen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten,“ erklärt die Hoteldirektorin.

Dauerbrenner Lüftungsanlage

Ein echtes Dauerthema im Hotel ist die Zu- und Abluft. Die Lüftungsanlage kann man nicht einfach abschalten. Wird sie nicht regelmäßig durchlüftet, könnten sich im worst case Sporen bilden, so Skuballa. Das heißt, dass in jedem stillgelegten Haus die Lüftungsanlage laufen muss, damit sie nicht kontaminiert. „Wir können das zwar ein Stück weit herunter regulieren, aber es bedeutet trotzdem einen hohen Stromverbrauch.“ Selbst gewaschene und gebügelte Vorhänge und zum Teil auch Bettwäsche, selbst gereinigte und gedüngte Terrassen und ein sich ständiges Kümmern, dass alles immer blitzt und glänzt. Die permanenten Instandhaltungs-Zyklen geschehen im neuen, anderen Hotelalltag durchaus in verminderter Taktung, als wenn die Häuser im Normal-Fullhouse-Betrieb sind. Aber die Arbeit, die für die Gäste in der Regel unsichtbar ist und die neben der Gastgeberrolle stattfindet, weil der Hauserhalt hinter den Kulissen abläuft, die bleibt klar erhalten.

Ausbildung von Auszubildenden in Tagen wie diesen

Ein Bereich, den man auf den ersten Blick vielleicht nicht sieht, der aber für alle Direktoren ganz weit oben auf der Prioriäten-Liste steht. „Wie soll man Auszubildenden etwas beibringen, wenn ein Hotel nicht im Modus-Normal-Operandi ist, kein Frühstücks- und Restaurantbetrieb und Gästekontakt stattfindet? Das ist eine große Verantwortung“, fasst Stache die Lage zusammen. Dass die aktuell lernende Generation auch entsprechend ausgebildet wird, lassen sich die Direktoren allerhand einfallen: so werden per Zoom-Meeting mit den Ausbildern Webinare abgehalten, um den Lernbetrieb aufrechtzuerhalten und die jungen Leute auf die Zwischenprüfungen vorzubereiten. Es gibt ein eigenes Online-Portal, in dem sie Aufgaben gestellt bekommen sowie interaktive Seminare, wie man zum Beispiel Tischdecken, Servietten und Bettwäsche richtig faltet und legt. „Am wichtigsten ist aber, dass wir für sie da und jederzeit greifbar sind und gerade jetzt auch Aufgaben, wie das Thema Fenster oder Terrassen alle zusammen erledigen. Da gibt es dann auf alle Fälle allerhand zu lachen, wenn man als Direktorin die Scheibe erstmal auch nicht lupenrein sauber bekommt“, so Stache.

www.livinghotels.de


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