Hotelprojekte | 05.07.2019

Ein Idyll in der Fontanestadt

Fotostrecke Up Hus Idyll Neuruppin Brandenburg restauriert Charme Von 1991 bis 2004 wurde das Up Hus Idyll liebevoll restauriert und sprüht vor historischem Charme. / Foto: Up Hus Idyll

„Up Hus“ ist plattdeutsch und bedeutet „offenes Haus". Nur knapp eine Stunde von Berlin entfernt liegt das Up Hus Idyll in Brandenburg und bietet einen willkommenen Kontrast zur Enge und Hast einer Großstadt.

Das privat geführte Hotel liegt im historischen Stadtkern der Fontanestadt Neuruppin und präsentiert sich in einem reizvollen Mittelalter-Ensemble, das architektonisch drei verschiedene Gebäude vereint: das alte Siechenhospital, das Up Hus und die Siechenhauskapelle. Theodor Fontane, der große Reiseschriftsteller und Literat des 19. Jahrhunderts, ist der berühmteste Bürger der Stadt, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr unter dem Titel „fontane.200“ gefeiert wird. Mit seinen „Wanderungen durch die Mark“ hat er bis heute die Wahrnehmung Brandenburgs nachhaltig geprägt. Er erzählt von den Umbrüchen der beginnenden Modernisierung und bleibt zugleich der ländlichen Region seiner Heimat verbunden. Fontane schon beschrieb das Bild einer weitgehend intakt gebliebenen Kulturlandschaft, die von ihren Menschen und deren Geschichten geprägt war – und daran hat sich bis heute nur wenig verändert.

Dem privaten Engagement von Gabriele Lettow ist es zu verdanken, dass das historische Ensemble des „Up Hus Idyll“ bewahrt wurde und als Hotel erhalten geblieben ist. Die Betreiberin des Hauses ist Bauingenieurin und der Fachwerk-Hof hatte es ihr angetan. Bereits zu DDR-Zeiten stand sie immer wieder vor dem vernagelten Areal – und fasste nach der Wende den Entschluss, der Stadt den maroden Komplex von ihrem jahrelang gesparten „Trabi-Geld“ abzukaufen. Statt ein neues Auto zu kaufen, wurde von 1991 bis 2004 denkmalgerecht restauriert und mit viel Feingefühl die Sanierung und Umbaumaßnahmen des Up Hus vorangetrieben. 2005 erhielt Lettow dafür den Brandenburgischen Denkmalpflegepreis und im Mai 2019 wurde das historische Gebäudeensemble der engagierten Unternehmerin mit der Auszeichnungsplakette „Denkmal des Monats“ geehrt.

Das Up Hus wird nicht nur als Hotel genutzt: In seinem Innenhof lässt es sich hervorragend speisen und auch Fontane, der schon gerne die bestehenden Einrichtungen des Fremdenverkehrs wie Gasthäuser und Fremdenzimmer den Übernachtungen bei Dorflehrern oder Landadligen vorzog, war ein Feinschmecker, der von sich behauptete, er sei kein Freund halber Portionen. Wer mag, kann daher im Restaurant oder in lauschiger Atmosphäre unter dem Apfelbaum im Innenhof eine deftige Up Hus-Pfanne, Schweinerückensteak mit Bratkartoffeln, Würstchen, Spiegelei und Grilltomate, oder frisches Brot aus dem Lehmbackofen genießen.

Architektonisches Ensemble

Wie der Namenszusatz Idyll schon beschreibt, besteht das Hotel aus verschiedenen Gebäuden, die einen Innenhof umschließen. Der Hofgarten ist das verbindende Element und fungiert als Zentrum dieses Idylls. Zum Frühstück am Morgen oder beim Glas Wein am Abend, der mediterrane Charakter schafft ein besonderes Lebensgefühl mitten in der Stadt mit Blick auf die in unmittelbarer Umgebung stehenden, alles überragenden Klosterkirche. Ein Stück Toskana im Sommer, das sich zum ersten Advent Jahr um Jahr in einen Weihnachtsmarkt mit kunsthandwerklichen Ständen und vielen kulturellen Angeboten verwandelt.

Die Hotelzimmer befinden sich in drei unterschiedlichen Gebäuden. Das 1692 bis 1694 errichtete Up-Hus im Hof der Siechenhauskapelle ist das älteste erhaltene Fachwerkgebäude von Neuruppin, das den verheerenden Stadtbrand von 1787 unbeschadet überstanden hat. Während im unteren Teil das Restaurant untergebracht ist, geht es über eine knarrende hölzerne Außentreppe hinauf in die Unterkünfte, die durch ihre ausdrucksstarke Einfachheit einen romantischen Charme versprühen. Im Mittelpunkt stehen das Fachwerk und die freigelegten Holzbalken, welche die weiß getünchten Zimmer zieren. Die liebevoll restaurierten Räume bieten rustikales Ambiente mit allem Komfort. Maßgeschneiderte Tischlerarbeiten für Fenster und Türen waren erforderlich, um diese passgenau – also schief – in das uralte Fachwerk mit teils deutlichen Verwinkelungen zu montieren. Auch die Raumhöhe blieb, wie es sich für ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude gehört, so dass der eine oder andere Gast beim Betreten der Räumlichkeiten den Kopf ein wenig einziehen muss. Einst waren hier sechs kleine Wohnungen untergebracht, die die Stadt zum kostenfreien Wohnen an Familien abgab, die unverschuldet in Not geraten waren. Für Lettow ein Zeichen dafür, dass es sich bei dem Haus mit aufgesetzter, hervorstehender erster Etage um ein offenes Haus handelte. Offen ist auch ihr historisches Gesamtensemble für alle, die dort Gastlichkeit und Kultur erleben wollen.

Für jeden Anspruch

Das Up Hus Idyll bietet 14 Doppel-, zwei Einzelzimmer und eine Suite. Außer dem Fachwerkhaus und der Remise gibt es Unterkünfte auf der anderen Seite des Hofgartens im einstigen Siechenhospital. Hier lockt – deutschlandweit einmalig – ein besonders originelles Zimmer. Zwei Gucklöcher geben den Blick frei in die angrenzende Kapelle der einstigen Hospizkirche, die mittlerweile als gut gebuchtes Standesamt für Hochzeiten genutzt wird und Mittelpunkt des Restaurantbetriebes ist, der nach der Zeremonie gerne die Gäste versorgt.

Seit dem frühen Mittelalter war die Versorgung von hilflosen Alten, Kranken und Armen eine seelsorgerische Aufgabe, die oft den Klöstern angegliedert, häufig aber auch als städtische Einrichtung aus der Stiftung wohlhabender Bürger oder Zünfte betrieben wurde. Bei diesem Objekt handelt es sich um die Stiftung eines Waffenschmieds, der 1490 die Hospitalkapelle St. Lazarus und das Siechenhospital errichten ließ. Das spätgotische, einst katholische Gotteshaus ist mittlerweile konfessionslos und beherbergt zudem die Hotel-Rezeption. Wer eincheckt, geht also direkt in die Kapelle und findet schräg unter der Orgel das Office der Hotelbetreiberin. Darüber hinaus wird die Kapelle für die hochkarätigen Veranstaltungen des vielfach ausgezeichneten Aequinox-Ensembles genutzt, das Alte Musik meisterhaft in die Neuzeit übersetzt. Der ungewöhnliche Ort dient zudem lokalen und regionalen Künstlern, die hier ihre Werke präsentieren, wie die neu eröffnete Ausstellung „(Neu)Ruppin ist eine Reise wert!“ zeugt. Damit zeigt das Up Hus Idyll auf charmante Art und Weise, wie ursprüngliche Traditionen bewahrt und Hotellerie am Puls der Zeit erfolgreich umgesetzt werden kann. Schon Theodor Fontane wusste die Heimat zu rühmen und notierte: „Das Haus, die Heimat, die Beschränkung – die sind das Glück und sind die Welt.“

www.neuruppin-hotel.de


FACTS

  • Das Up-Hus-Idyll ist ein Ensemble aus Hotel, Restaurant, Kapelle und Veranstaltungsort
  • 14 Doppel-, zwei Einzelzimmer und eine Suite
  • Betreiberin ist Gabriele Lettow, die das Objekt nach der Wende erwarb
  • Von 1991 bis 2004 wurde das Up-Hus-Idyll denkmalgerecht restauriert

 

Dieser Artikel von Sabine Zoller erschien zunächst in Ausgabe 2-2019.


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